Bor als Nahrungsergänzungsmittel: Gesund oder gefährlich? (2024)

Medwatch

Bor als Nahrungsergänzungsmittel: Gesund oder gefährlich? (2)

Im Internet werben Anbieter von borhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln mit angeblichen gesundheitlichen Nutzen. Das ist nicht erlaubt. Klar ist: Auf Dauer kann zu viel Bor schaden.

Anbieter versprechen: NahrungsergänzungsmittelNahrungsergänzungsmittel Nahrungsergänzungsmittel werden den Lebensmitteln zugeordnet und sind abgegrenzt von Medikamenten zu betrachten. So dürfen sie, wie der Name schon sagt, die normale Ernährung ergänzen, sie jedoch nicht ersetzen und zudem keine arzneiliche Wirkung zeigen. Sie werden als Kapseln, Tabletten, Tropfen oder Ähnliches angeboten und enthalten oft Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige Nährstoffe, die eine Wirkung erzielen sollen. Sie dürfen jedoch nicht wie ein Arzneimittel beworben werden. Die Hersteller dürfen keine spezifische Wirkung wie die Linderung oder Vorbeugung einer Krankheit anpreisen oder für ein definiertes Anwendungsgebiet werben. mit Bor sollen Knochen stärken, Gelenkschmerzen lindern, die Gedächtnisleistung verbessern, Vitamin D im Körper aktivieren, beim Muskelaufbau helfen oder sogar vor Prostatakrebs schützen. Aber stimmt das überhaupt?

Was ist zulässig?

Derzeit dürfen in der Europäischen Union (EU) in Lebensmitteln nur drei Borverbindungen eingesetzt werden: Borsäure, BoraxBorax Borax ist ein selten vorkommendes Mineral. Bor wird in Form von Borax als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Zudem wird es unter anderem als Rohstoff für Glasuren auf Steingut, Porzellan und bei der Emailproduktion eingesetzt. Im Haushalt kann es z.B. in Seife und Wasserenthärtern vorkommen. Auch in Desinfektions-, Putz- und Bleichmitteln kann man es finden, genauso in Insektiziden (bei Ameisenfallen). Als Lebensmittelzusatzstoff hat es die Bezeichnung E 285 (Konservierungsstoff für Kaviar). Borax kann bei Haut- oder Augenkontakt sowie beim Einatmen des feinen Pulvers Entzündungen hervorrufen. Bei Verschlucken kann es zu Reizungen des Magen-Darm-Trakts kommen; größere Mengen wirken sogar tödlich. (Natriumborat) und Calcium-Fructo-Borat. Unter den Bezeichnungen E 284 und E 285 werden Borsäure beziehungsweise Borax auch als Konservierungsmittel eingesetzt, das ist allerdings nur für echten Kaviar zulässig.

Andere Borverbindungen können jedoch in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein, die von Anbietern aus dem Nicht-EU-Ausland stammen. Die Einfuhr in die EU ist zwar nicht erlaubt, aber nicht immer fällt das dem Zoll auf.

Wo kommt Bor vor?

Die Europäische Behörde für LebensmittelsicherheitLebensmittelsicherheit Lebensmittelsicherheit ist ein komplexer Bereich. Es wird zwischen sog. horizontalen und vertikalen Bestimmungen unterschieden. Ersteres bedient Bestimmungen für die Lebensmittelkennzeichnung, für Zusatzstoffe in Lebensmitteln sowie für Rückstände in Lebensmitteln. Vertikale Bestimmungen beziehen sich auf Nahrungsergänzungsmittel, Milch, Eier, Fisch, Fruchtsäfte und vieles mehr. Auch für kosmetische Produkte wie z.B. Zahncreme, Shampoo, Nagellack sowie Bedarfsgegenstände (Spielzeug, Geschirr, Schuhe, Textilien, Modeschmuck…) gilt das Lebensmittelrecht. Zusatzstoffe und neuartige Lebensmittel müssen zugelassen sein, schädliche Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sind verboten. Kennzeichnungen müssen erkennbar machen, ob zum Beispiel Allergene enthalten sind. (EFSAEFSA Die EFSA ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Sie wurde 2002 mit Sitz in Parma eingerichtet, um die Lebensmittelsicherheit in der EU zu verbessern und ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten. Zu ihren Aufgaben gehört die wissenschaftliche Beratung zu bestehenden und aufkommenden Risiken in der Lebensmittelkette durch wissenschaftliche Gremien und Ausschüsse. Der Großteil ihrer Arbeit erfolgt auf Ersuchen durch die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten, manche der wissenschaftlichen Arbeiten werden auf eigene Initiative durchgeführt. Die EFSA kooperiert mit dem BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung – und wird über den EU-Haushalt finanziert. Die Bewertung von lebensmittelbedingten Risiken erfolgt unabhängig von politischen Entscheidungsfindungen.) hat das Spurenelement Bor als nicht-essenziellen Nährstoff eingestuft. Bisher ist es also unklar, ob der Körper überhaupt auf die Zufuhr von Bor angewiesen ist – und falls ja, wofür. Deshalb gibt es keine Zufuhrempfehlungen. Ebenso wenig ist über einen Bormangel bekannt, auch wenn einige Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln das Gegenteil behaupten.

Bor kommt vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse, Nüssen, Getreideprodukten sowie in Wein und Bier vor. Auch Trink- und Mineralwasser enthalten Bor, Fleisch- und Milchprodukte dagegen kaum.

Bei einer gemischten Ernährung nimmt der Körper schätzungsweise zwischen ein und drei Milligramm Bor am Tag auf. Bei Vegetarier:innen und Veganer:innen liegt dieser Wert etwas höher.

Bor: Blick in die Geschichte

Früher waren ArzneimittelArzneimittel Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die angewandt werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Es kann sich hierbei ebenfalls um Mittel handeln, die dafür sorgen, dass Krankheiten oder Beschwerden gar nicht erst auftreten. Die Definition beinhaltet ebenso Substanzen, die der Diagnose einer Krankheit nutzen oder seelische Zustände beeinflussen. Die Mittel können dabei im Körper oder auch am Körper wirken. Das gilt sowohl für die Anwendung beim Menschen als auch beim Tier. Die gesetzliche Definition von Arzneimitteln ist im § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) enthalten. mit Borverbindungen zur Desinfektion von Haut und Schleimhäuten gebräuchlich. Allerdings war die desinfizierende Wirkung eher schwach. Gerade bei Kindern konnte durch die verletzte Haut dann leicht zu viel Bor in den Körper gelangen. Deshalb hat das damalige Bundesgesundheitsamt 1984 die Zulassungen bis auf wenige Ausnahmen widerrufen. Als Nahrungsergänzungsmittel waren Borverbindungen in Deutschland früher gänzlich verboten. Das hat sich erst im Zuge von EU-Harmonisierungen geändert.

Gut für die Gesundheit?

Die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln dürfen übrigens nicht mit einem Nutzen bei bestimmten Erkrankungen werben. Das gilt auch für borhaltige Nahrungsergänzungsmittel. Darüber hinaus sind auch gesundheitsbezogene Aussagen für sie bislang vollständig verboten. Anbieter hatten bei der EFSA beantragt, für eine gesunde Prostata, Schilddrüse, gesunde Gelenke oder die Gehirnfunktion werben zu dürfen. Weil die Anbieter jedoch keine ausreichenden Belege dafür vorlegten, lehnte die EFSA den Antrag ab.

Zu viel Bor schadet

Wer über einen längeren Zeitraum große Mengen an Bor zu sich nimmt, riskiert gesundheitliche Schäden, zum Beispiel an den Nieren und am zentralen Nervensystem. In Tierversuchen zeigten sich bei höheren Dosen auch negative Auswirkungen auf das männliche Fortpflanzungssystem sowie Entwicklungsstörungen bei ungeborenen Rattenbabys.

Hype um hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel Zu viel des Guten

Die EFSA empfiehlt deshalb, dass Erwachsene pro Tag maximal 10 Milligramm Bor zu sich nehmen sollten, für Kinder und Jugendliche gelten altersabhängig niedrigere Tageshöchstmengen. Diese Mengen beziehen sich auf die gesamte Zufuhr, also inklusive des Gehalts in der Nahrung.

Empfehlungen für Höchstmengen

Das Bundesamt für Risikobewertung rät, dass Erwachsene höchstens 0,5 Milligramm Bor pro Tag über Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen sollten. Übliche Nahrungsergänzungsmittel enthalten nicht selten eine Tagesdosis von drei Milligramm und damit deutlich mehr.

Weil die Tageshöchstmengen bei Kindern und Jugendlichen oft bereits durch normale Lebensmittel erreicht sind, sollten sie überhaupt keine borhaltigen Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Wenn Präparate Calcium-Fructo-Borat enthalten, müssen sie den Hinweis tragen, dass sie nicht für Minderjährige, Schwangere und Stillende geeignet sind. Bei anderen borhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln ist das bisher nicht erforderlich.

Was tun?

Nahrungsergänzungsmittel mit Bor haben vermutlich keinen Nutzen, bringen aber gesundheitliche Risiken mit sich. Das spricht gegen eine ergänzende Zufuhr von Bor.

Der Beitrag erschien zuerst bei Gute Pillen – Schlechte Pillen und wurde für die Veröffentlichung bei MedWatch angepasst.

Redaktion: Sigrid März, Angela Bechthold, Nicole Hagen

  • Bor
  • Nahrungsergänzung
  • Nahrungsergänzungsmittel
  • NEM
  • Spurenelement

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bor als Nahrungsergänzungsmittel: Gesund oder gefährlich? (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Dean Jakubowski Ret

Last Updated:

Views: 6107

Rating: 5 / 5 (70 voted)

Reviews: 85% of readers found this page helpful

Author information

Name: Dean Jakubowski Ret

Birthday: 1996-05-10

Address: Apt. 425 4346 Santiago Islands, Shariside, AK 38830-1874

Phone: +96313309894162

Job: Legacy Sales Designer

Hobby: Baseball, Wood carving, Candle making, Jigsaw puzzles, Lacemaking, Parkour, Drawing

Introduction: My name is Dean Jakubowski Ret, I am a enthusiastic, friendly, homely, handsome, zealous, brainy, elegant person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.