Keine der diagnostischen Methoden reicht für sich genommen für eine Diagnosestellung einer interstitiellen Lungenerkrankung aus. So ist eine Biopsie, die eine gewöhnliche interstitielle Pneumonie (UIP) zeigt, bei der Diagnose einer idiopathischen Lungenfibrose von Nutzen, findet sich aber auch bei einigen Kollagenosen. Daher ist ein interdisziplinäres diagnostisches Vorgehen notwendig.
Bis zur Diagnosestellung vergehen im Median sieben Monate.[2]
Anamnese
Alter
Das Erkrankungsalter gibt bereits einen wichtigen Hinweis auf die vorliegende ILD, insbesondere bei der idiopathischen Lungenfibrose, die häufig im Alter über 60 Jahre und nur selten unter 50 Jahren auftritt. Eine Sarkoidose, die mit Kollagenosen assoziierten ILDs und seltenere interstitiellen Lungenerkrankungen (z.B. Lymphangioleiomyomatose oder PLCH) manifestieren sich i.d.R. im Alter von 20-40 Jahren.
Geschlecht
Die Lymphangioleiomyomatose und die damit assoziierte tuberöse Sklerose wird oft bei jungen Frauen diagnostiziert. Viele Kollagenosen sind bei Frauen häufiger, mit Ausnahme der mit der rheumatoiden Arthritis assoziierten ILD. Bei der idiopathischen Lungenfibrose und den mit beruflicher Exposition assoziierten ILDs sind Männer häufiger betroffen.
Vorerkrankungen
Bei der Anamnese sollte insbesondere auf Symptome einer Kollagenose (z.B. Raynaud-Phänomen) geachtet werden. Eine ILD kann jedoch auch die Erstmanifestation der Kollagenose darstellen. Eine bekannte Krebserkrankung kann mit einer mit Dermatomyositis-assoziierten organisierenden Pneumonie einhergehen. Ein Asthma bronchiale oder eine allergische Rhinitis weisen auf eine eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis hin.
Medikamentenanamnese
Eine Vielzahl an Medikamenten steht in Zusammenhang mit ILDs. Problematisch ist, dass viele Medikamente, die zur Behandlung der Lungenerkrankungen eingesetzt werden, auch eine interstitielle Lungenerkrankung auslösen können (z.B. Methotrexat oder Rituximab). Hilfreich ist die Website www.pneumotox.com.
Familienanamnese
Fälle von idiopathischer interstitieller Lungenerkrankung in der engen Verwandtschaft sind ein relevanter Risikofaktor für die Entwicklung einer idiopathischen Lungenfibrose. Eine familiäre Häufung findet sich bei diversen Formen der IIPs sowie gelegentlich bei anderen Formen der interstitiellen Lungenerkrankung. Assoziierte genetische Faktoren sind z.B. eine Promotorvariante der Gene MUC5B und TERT.
Sozialanamnese
Bei einigen ILDs wie bei der RB-ILD und der DIP liegt fast immer ein Nikotinabusus vor, sodass Zigarettenrauchen als kausal angesehen wird. Auch bei ungefähr einem Drittel der Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose ist die Raucheranamnese positiv.
Weiterhin ist auf eine besondere berufliche Exposition zu achten, z.B. bei Pneumokoniosen.
Akuität
Eine akute Manifestation innerhalb von Tagen bis Wochen ist ungewöhnlich und wird meist mit einer Pneumonie, einer exazerbierten COPD oder einer Herzinsuffizienz verwechselt. Eine akute Symptomatik findet sich bei der eosinophilen Pneumonie, der akuten interstitiellen Pneumonie, der exogen-allergischen Alveolitis und der Granulomatose mit Polyangiitis. Die Erstmanifestation einer idiopathischen Lungenfibrose mit einer akuten Exazerbation ist ebenfalls möglich.
Die meisten ILDs verlaufen chronisch indolent über Monate bis Jahre. Einige können sich auch subakut über Wochen bis Monate manifestieren (z.B. Sarkoidose, mit Kollagenosen assoziierte ILD, medikamenteninduzierte ILD oder kryptogen organisierende Pneumonie).
Symptome
Das häufigste Symptom von interstitiellen Lungenerkrankungen ist eine progrediente (Belastungs-)Dyspnoe bis hin zur Tachypnoe. Ebenfalls häufig sind Husten bzw. Reizhusten, v.a. bei idiopathischer Lungenfibrose, Sarkoidose und EAA. Hämoptysen sind selten und weisen auf eine diffuse alveoläre Hämorrhagie (z.B. bei Goodpasture-Syndrom), eine Granulomatose mit Polyangiitis oder eine Lymphangioleiomyomatose hin.
Allgemeinsymptome wie Müdigkeit finden sich bei fast allen ILDs, z.T. auch Gewichtsverlust. Thoraxschmerzen sprechen für eine Sarkoidose. Bei einer COP kann auch Fieber auftreten.
Körperliche Untersuchung
Bei den meisten Patienten mit Lungenfibrose lassen sich basal endinspiratorisch feine Rasselgeräusche auskultieren, die als Knisterrasseln oder Sklerosiphonie bezeichnet werden. Rasselgeräusche sind jedoch unspezifisch und kommen bei vielen ILDs und anderen Krankheiten vor.
Giemen ist eher selten, findet sich aber ggf. bei Sarkoidose, EAA und eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis. Patienten mit fortgeschrittener ILD zeigen eine Zyanose, Trommelschlägelfinger und ein Cor pulmonale. Weiterhin findet sich das sogenannte Door-Stop-Phänomen, ein plötzlicher Atemstopp bei tiefer Inspiration.
Laboruntersuchung
Laboruntersuchungen sind z.B. zur Abklärung einer Kollagenose oder einer rheumatoiden Arthritis nützlich. Wird eine rheumatologische Erkrankung vermutet, sollte ein serologisches Sceening efolgen, welches die folgenden Parameter umfasst:
- Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
- CRP
- Kreatinkinase (CK)
- antinukleäre Antikörper (ANA): falls positiv, Bestimmung von Antikörpern gegen ENA
- IgM-Rheumafaktoren
- Antikörper gegen citrullinierte Peptide (ACPA, z.B. CCP-Antikörper).
Bei einem radiologisch wahrscheinlichem oder definitiven UIP-Muster sollte zudem die Bestimmung von Myeloperoxidase (MPO)-spezifischen ANCA erfolgen.
Liegt der Verdacht einer exogen-allergischen Alveolitis vor, können gezielt spezifische IgG-Antikörper bestimmt werden.
Lungenfunktionstestung
Die Lungenfunktionsdiagnostik mittels Bodyplethysmographie dient der Quantifizierung der Ausprägung der interstitiellen Lungenerkrankung und der Verlaufskontrolle. Die meisten Formen der ILDs führen zu einer restriktiven Ventilationsstörung mit reduzierter Totalkapazität (TLC), reduzierter Einsekundenkapazität (FEV1) und verminderterr forcierter Vitalkapazität (FVC). Die Abnahme der pulmonalen Diffusionskapazität (DLCO) ist häufig, jedoch unspezifisch.
Ein reduzierter Tiffeneau-Index (FEV1/FVC) spricht für eine Atemwegsobstruktion und kommt eher selten vor, z.B. bei Sarkoidose, EAA, Lymphangioleiomyomatose, PLHC, Pneumokoniosen (v.a. Silikose), CPFE und Vaskulitis.
Röntgenuntersuchung
Röntgenbefunde des Thorax geben weitere Hinweise auf eine interstitielle Lungenerkrankung, z.B.:
- hiläre Lymphadenopathie und zentrale noduläre Verschattungen in mittleren bis oberen Lungenbereichen bei Sarkoidose
- basales retikuläres Muster mit kleinen zystischen Veränderungen (Honigwabenmuster) bei idiopathischer Lungenfibrose
ILD nach UIP-Muster. Im Röntgen-Thorax periphere Konsolidierungen und retikuläre Zeichnungsvermehrung. Kardiomegalie .
Computertomographie
Die native hochauflösende Computertomographie (HRCT) gilt als Goldstandard bei Patienten mit Verdacht auf eine ILD. Bei der idiopathischen Lungenfibrose kann sie bei passender Klinik wegweisend sein. Die Untersuchung dient außerdem zur Beurteilung des Ausmaßes der Erkrankung und liefert Informationen über Begleiterkrankungen. Außerdem kann die Bildgebung bei der Planung von Biopsien und der anschließenden diagnostischen Beurteilung des Biopsats helfen.[3] So führen radiologisch normale Lungeareale häufiger zu diagnostischen Befunden in der Pathologie, während Areale mit fortgeschrittenen Veränderungen histopathologisch oft nur unspezifische fibrotische Veränderungen aufweisen.
siehe Hauptartikel: HRCT-Muster bei interstitieller Lungenerkrankung, histopathologisch-radiologische Muster bei interstitieller Lungenerkrankung
Bronchoalveoläre Lavage
Die bronchoalveoläre Lavage ist indiziert bei den meisten Patienten mit unklarer ILD. Bei bestimmten Erkrankungen ist die BAL sehr spezifisch, sodass ohne weitere Diagnose der Befund gestellt werden kann:
BAL-Befund | Diagnose |
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Pneumocystis jirovecii, Pilze, CMV-transformierte Zellen | Opportunistische Infektion |
Milchige bzw. bräunlich-trübe Flüssigkeit, PAS-positive nicht-zelluläre Korpuskel, amorpher Debris, schaumige Makrophagen | Alveolarproteinose |
Hämosiderin-beladene Makrophagen, intrazytoplasmatische Erythrozytenfragmente in Makrophagen | Diffuse alveoläre Hämorrhagie |
Maligne Zellen solider Tumoren, Lymphom-, Leukämiezellen | Malignom |
Staubpartikel in Makrophagen, Asbestkörperchen | Staubexposition bzw. Asbestose |
Lipid-beladene Makrophagen | chronische Aspiration |
Eosinophile Granulozyten > 25% | Eosinophile Pneumonie |
positiver Lymphozytentransformationstest auf Beryllium | chronische Berylliose |
vermehrte CD1a-positive Langerhanszellen | Langerhanszellhistiozytose |
atypische hyperplastische Pneumozyten | diffuser Alveolarschaden, medikamenten-induzierte Reaktion |
In anderen Fällen können die BAL-Befunde die Differenzialdiagnosen eingrenzen.
BAL-Differentialzytologie | Differenzialdiagnosen |
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Neutrophilie, ggf. Eosinophilie |
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Eosinophilie |
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Lymphozytose |
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Gemischt (Lymphozyten, Neutrophile, Eosinophile) |
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Rauchermakrophagen |
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Schaumzellen |
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Lymphknotenbiopsie
Bei unklarer mediastinaler oder hilärer Lymphadenopathie ist der endobronchiale Ultraschall mit transbronchialer Nadelaspiration (EBUS-TBNA) die Methode der Wahl. Je nach Lymphknotenstation ist auch ein endo-ösophagealer Ultraschall (EUS) möglich.
Klassische Indikation für die EBUS-TBNA bei ILD ist die Sarkoidose.
Lungenbiopsie
Transbronchiale Zangenbiopsie
Die transbronchiale Zangenbiopsie (TBB) eignet sich insbesondere bei ILDs mit zentrilobulärer Verteilung, da wenige Millimeter große Proben ausreichend sein können. In der Regel liegt die ideale Zahl an Proben zwischen 4 und 6. Insgesamt kann mittels einer TBB bei vermuteter idiopathischer interstitieller Pneumonie in 36% der Fälle eine spezifische Diagnose erreicht werden.
Eine TBB wird bei fibrosierenden ILDs mit radiologischem UIP-Muster nicht empfohlen, insbesondere weil die Komplikationsrate höher ist als bei Vorliegen anderer Muster. Bei nicht-fibrotischer EAA kann eine TBB erwogen werden. Bei Sarkoidose liegt die diagnostische Wertigkeit der TBB bei 71%, mit EBUS bei 87%. Weiterhin kann die TBB zur Diagnostik einer Lymphangioleiomyomatose erwogen werden. Bei Alveolarproteinose kommt die TBB zum Einsatz, wenn andere Befunde (HRCT, BAL, Labor) nicht wegweisend sind.
Transbronchiale Kryobiopsie
Bei der transbronchialen Kryobiopsie (TBLC) wird eine Kryosonde über den Arbeitskanal eines flexiblen Bronchoskops in der Lungenperipherie platziert und aktiviert. Duch rasche Abkühlung der Sondenspitze kann umliegendes Gewebe aus dem Gewebeverband gelöst und extrahiert werden. Die Biopsate mit einem Durchmesser von 5 bis 10 mm weisen im Gegensatz zu Zangenbiopsien keine Quetschartefakte auf. Die TBLC stellt eine Alternative zur chirurgischen Biopsie dar, insbesondere bei Verdacht auf eine fibrosierende ILD, da sie bei geringeren Kosten vergleichbare bis geringere Nebenwirkungsraten aufweist. Die diagnostische Aussagekraft beträgt ca. 80%. Blutungen kommen in ca. 30%, ein Pneumothorax in ca. 8% der Fälle vor.
Chirurgische Lungenbiopsie
Die Indikation zur chirurgischen Lungenbiopsie wird interdisziplinär gestellt, meist wenn eine TBLC nicht wegweisend ist. Die Biopsie wird in der Regel mittels VATS vorgenommen. Sie sollte aus mindestens zwei unterschiedlichen Lungenlappen an zuvor festgeglegter Lokalisation entnommen werden. Bezirke mit ausgedehnter Fibrose sollten nicht biopsiert werden. Eine definitive Diagnose gelingt damit in ca. 88% der Fälle. Die Mortalität beträgt ca. 1,7%.
In spezialisierten Zentren kann eine chirurgische Lungenbiopsie unter nicht-intubiertem Ventilator-assoziierten Barotrauma (NIVATS) und aufgrund des Verzichts einer üblichen Muskelrelaxation im Rahmen der Narkose das perioperative Risiko reduzieren.
Histopathologische Untersuchungen
Klassischerweise wurden die ILDs nach der Liebow-Klassifikation eingeteilt. Die histologische Diagnostik basiert auf konventioneller Histologie mit HE-Färbung, Bindegewebs-Färbung (z.B. Masson-Trichrom- oder Elastica-van-Giesson-Färbung) und ggf. einer PAS-Färbung. Immunhistochemische Methoden kommen in besonderen Fällen zum Einsatz. Molekularpathologische Untersuchungen spielen derzeit (2023) in der klinischen Routine keine Rolle.
Aussagekraft
Die histopathologischen Befundmuster sind nicht direkt auf eine spezifische Krankheitsentität übertragbar. Beispielsweise ist die klinische Entität idiopathische Lungenfibrose pathologisch charakterisiert durch eine UIP. Das UIP-Muster findet sich jedoch auch in fibrotischen Stadien der NSIP sowie bei der Hypersensitivätspneumonitis (Cluster 2) und interstitiellen Pneumonien bei Kollagenosen (CTD-ILD). Die histopathologische Diagnose eines diffusen Alveolarschadens (DAD) ist assoziiert mit den klinischen Syndromen des ARDS, der akuten interstitiellen Pneumonie und einer akuten Exazerbation einer IPF.
Da sich die klinische, radiologische und histopathologische Terminologie insbesondere bei denSchädigungsmustern überlappen, sollte im histopathologischen Befund sowohl die histologischen Veränderungen als auch die Zuordnung zu den jeweiligen histologischen Mustern erfolgen, z.B.:[4]
Gruppe | Histologie | Muster (M) oder Diagnose (D) |
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ILD bekannter Ursache |
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IIP |
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Weitere IIP-Varianten |
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siehe Hauptartikel: histopathologisch-radiologische Muster bei interstitieller Lungenerkrankung